Quelle: kultur-zentner, Eugen Zentner, 19.05.2023
Seit Jahren wird der Debattenraum enger und enger. Selbst Künstler müssen aufpassen, was sie in ihren Werken zum Ausdruck bringen. Kritik an der Regierungspolitik, herrschenden Narrativen oder ideologischen Strömungen kann sie in existenzielle Not bringen. Sie werden gecancelt, diffamiert und daran gehindert, ihren künstlerischen Beruf auszuüben. Diesem Trend will die neue Initiative «Artists Welcome to Germany» entgegenwirken. Sie setzt sich gegen die Cancel Culture ein und unterstützt Künstler, denen aufgrund ihrer politischen Meinung die Bühne entzogen wird.
„Wir verstehen die Einschränkung des Debattenraums als einen Angriff von ‚oben‘ auf die verfassungsmäßig verbrieften Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land und insbesondere auf die Existenz regierungskritischer Künstlerinnen und Künstler“, heißt es auf der Webseite der Initiative. Gegründet hat sie sich vor wenigen Wochen. Zum Auftakt veranstaltete sie eine Ausstellung vor der Berliner Mercedes-Benz Arena, wo der Pink-Floyd-Gründer Roger Waters an zwei Tagen hintereinander Konzerte gab. Der Alt-Rocker ist seit mehreren Monaten medial unter Beschuss. Obwohl er in seinen Shows und öffentlichen Statements den Kriegskurs des Westens und die israelische Regierung kritisiert, wird ihm Propaganda und Antisemitismus vorgeworfen.
Texte und Tondokumente
Mit den Ausstellungen vor der Mercedes-Benz Arena wollte «Artists Welcome to Germany» darauf aufmerksam machen, dass die mediale Berichterstattung ein falsches Bild von Waters vermittelt. Zu sehen waren Bilder sowie Texte von und über ihn. Daraus sollte Waters’ wahre Haltung zum Ausdruck kommen. Er weist seit jeher auf soziale und politische Missstände hin, setzt sich für Menschenrechte ein und verurteilt jede Art von Krieg. Unter den Exponaten befanden sich sein offener Brief an Rabbi Cooper, ein „Spiegel“-Interview sowie ein Urteil des Frankfurter Verwaltungsgerichts zur Aufhebung des Konzertverbots. Zusätzlich zu den Texten gab es eine Sound-Installation, die Waters’ Rede vor dem UN-Sicherheitsrat und ein Gespräch mit kritischen Journalisten wiedergab. Während der Ausstellung sollte Besuchern die Gelegenheit gegeben werden, ins Gespräch zu kommen und sich selbst eine Meinung zu bilden.
Während der Ausstellung verwies die Initiative auch auf Waters’ Engagement für den WikiLeaks-Gründer Julian Assange, der Kriegsverbrechen der USA aufgedeckt hat und dafür seit Jahren in menschenunwürdiger Isolationshaft ausharren muss. Was den Pink-Floyd-Gründer betreffe, sei das Kalkül der Regierung klar, schreibt die Initiative auf ihrer Webseite. „So wie der Fall Assange ein Warnzeichen für alle regierungskritischen Journalisten und Whistleblower ist, so steht Roger Waters als Beispiel für alle Künstler, die den Mund aufmachen und sich in irgendeiner Weise kritisch über die Regierenden der westlichen Supermächte äußern: ‚Cancel einen und schüchtere Tausende ein!‘ Welcher Künstler wird es noch wagen, jemals den Mund aufzumachen, wenn es gelingt, einem Superstar wie Roger Waters die Bühne zu verbieten?“
Die Ausstellung ist mit ihren Texten, Tondokumenten und mehr dauerhaft auf der Webseite der Initiative verfügbar und wird dort laufend erweitert. Das sei von Anfang an Teil des Konzepts. So könnten Interessierte die vielen Inhalte auch nach den Live-Veranstaltungen weiterlesen und -hören.